Vivian Maier – Der unentdeckte Juwel unter den Fotografen

Die New Yorkerin Vivian Maier war in den 50er Jahren als Kindermädchen tätig – und fotografierte nebenbei. Die Negative wurden erst nach ihrem Tod entdecket und gelten als Meisterwerke.

Exzentrisch, ungewöhnlich, paradox, dreist, düster, geheimnisvoll. Diese Beschreibung trifft auf das Kindermädchen mit der Kamera zu. Die Geschichte von Vivian Maier, erzählt nicht nur einer talentierten Fotografin, sondern auch eine Geschichte die schon fast einem Film von Hitchocks Spannug erreicht. Der junge Hobbyhistoriker kaufte dazumal die grösste Kiste für 380 Dollar bei einer Ersteigerung. Er war auf der Suche nach historischen Bildern von Chicago

Selbst die Selbstportrait hat sie niemandem gezeigt. PRAESENS FILM

Der entdeckte Schatz

Der Fund: 300’000 Negative, die Vorbesitzerin war Vivian Maier. Maloof schaute einige der Bilder durch und war enttäuscht. Keine Bilder von Chicago. Und so verstaute er diese für weitere zwei Jahre in seinem Kleiderschrank. Erst später, beim genauen betrachten, wurde ihm bewusst, dass er einen ungeschliffenen Juwel zwischen seinen Hemden aufbewahrte. John Maloof sieht es nun als seine Mission Vivian Maier in die Geschichtsbücher zu bringen. Er scannte monatelang die Negative, liess die Rollen entwickeln, archivierte alles säuberlich. Er reiste bis nach Frankreich um den Film „Finding Vivian Maier“ produzieren zu können. Nun organisiert Maloof Ausstellungen weltweit. Zu Beginn seiner Recherche fand Maloof bei der Google-Suche keinen Treffer auf den Namen Vivian Maier. Nun findet man über die Suchplattform mehr als 700’00 Treffer.

Als Kindermädchen aus New York liebte sie das Fotografieren. Sie wollte sich ausserhalb der Wände aufhalten können, darum wurde sie vermutlich Kindermädchen. Maier fotografierte immer und alles. Sie ging mit ihren Ziehkindern oft in die Armenviertel, auch reiste sie zu nicht immer kindsgerechten Orten wie zum Beispiel eines Schlachthofes. Die Ziehkinder erzahlen heute von einer sonderbaren Frau, die auch manchmal sehr ausfällig und gar gemeine Äusserungen verteilte. Unzählige Aufnahmen entstanden auch mit den Kindern, diese wurden aber selten entwickelt.

Man fragt sich wieso ihre Fotos nicht zu ihrer Zeit bekannt wurden? Hatte sie Angst vor scharfer Kritik? Wollte sie die Fotos niemanden zeigen? Waren ihr die Fotos zu intim? Oder hielt sie es wie der Fotograf Henri Cartier-Bresson: „Wenn ich ein Bild aufgenommen habe, interessiert mich überhaupt nicht, was dann passiert. Jäger sind nun mal keine Köche.“

Das Auge für die Fotografie

Mit der Kamera Rolleyflex fotografierte Maier aus Brusthöhe. Das verlieh den Fotos Kraft und Würde. Gutes Auge, der Sinn für den richtigen Bildausschnitt und Sinn für Humor setzten ihren Fotos ihre Unterschrift drunter. Die Kinder fotografierte sie mit viel Feingefühl und hatte Sinn das Leben mit der Kamera einzufangen. Fotokritiker loben sie hoch in den Himmel. Vergleiche wurden gesucht und gefunden: Ilse Bing, Lisette Model, Diane Arbus, Robert Frank, Dorothea Lang, Lewis Hine.

Vivian Maier fotografierte in den letzten Jahren nicht mehr. Sie blieb aber eine scharfe Beobachterin. Sie sass oft am Ufer des Lake Michigan. Sie starb einsam und verarmt und hinterlässt keinen Mann oder Kinder. Maloof galt bis 2014 als rechtlicher Besitzer des Materials. Nun hat sich ein Mann, offenbar ein ferner Cousin ersten Grades gemeldet. Inzwischen geht es um weit mehr als um 380 Dollar. Anwälte sind eingeschalten und prüfen nun ob Maloof nicht das Urheberrecht verletzt hat.

Ausstellung in Zürich, Photobastei, Sihlquai 125, bis 3. April.