Der Hive-Club in Zürich serviert bei Tageslicht selbstgemachte Pasta

Abends ab 19 Uhr, wenn das Partyvolk des Hive-Clubs noch ruht, verwöhnt einen die „Geroldchuchi“ mit selbst gemachter Pasta.

Als Halbitalienerin kenne ich mich in Sachen Teigwaren aus. Pasta ist einfach in der Produktion, darf aber nicht unterschätzt werden. Als ich auf tagesanzeiger.ch einen Beitrag über das Restaurant „Geroldchuchi“ las, war meine Neugier geweckt. Kurz darauf hatte ich ein Treffen mit dem Wirt. Seine Küche ist mit einer guten Pastamaschine ausgerüstet. Domenico, der Koch, erklärt mir die verschiedenen Formen, die man mit der Maschine herstellen kann. Sugo darf erst als richtiger Sugo bezeichnet werden, wenn er für mehrere Stunden vor sich hingeköchelt hat. Ich erinnere mich daran, dass sich meine Nonna für die Zubereitung einer Bolognese Sauce gute vier Stunden Zeit genommen hat. Diesen Sugo alla nonna, der mit viel Liebe und Geduld hergestellt wird, findet man in der „Geroldchuchi“.

Ich habe mich mit Sebastian Woloschanowski verabredet, einem der beiden Wirte, der kurz Sebastian Wolo genannt wird. Im Gespräch erwähnt er immer wieder, dass ihm der direkte Kontakt zu den Kunden wichtig ist. Und tatsächlich, es sind nicht nur so dahingesagte Worte, die nett klingen. Sie werden während unseres Aufenthalts auch in die Tat umgesetzt. Wir werden herzlich umsorgt und beraten, ohne dass es aufdringlich erscheint.

Eine Karte gibt es nicht, das Angebot steht auf dem Spiegel oder wird den Gästen –inklusive aller Details, Tipps und Anekdoten – vom Wirt vorgetragen. Täglich stehen vier verschiedene Pasta-Gerichte im Angebot. Sebastian bringt uns rohe Pasta und erklärt ausführlich die vier Variationen.

Die Form der Pasta spielt eine wesentliche Rolle für den Geschmack der dazu gereichten Sauce. Für die rechte Gaumenfreude braucht es die gelungene Kombination von punktgenauem Garzustand, Form und Geschmack. Dafür tüfteln immer wieder Essensingenieure an neuen Formen der Pasta. Einer der Hersteller, Voiello, hat sogar dem Automobil-Designer Giugiaro den Auftrag gegeben, eine technisch perfekte Pastaform zu entwerfen. Sie sollte nicht etwa perfekt in ihrer Aerodynamik sein, sondern sie sollte so viel Sauce aufnehmen können, dass jeder Bissen saftig und köstlich bliebe. Die Designerlösung war die spezielle Konstruktion einer kurzen, innen gerillten Röhre mit Flügeln, genannt „Marille“.

Es gibt eine schier unübersichtliche Menge von verschiedenen Nudelsorten. Zu den uns bekanntesten gehören Penne, Makkaroni, Tortellini, Ravioli, Bandnudel, Farfalle, Lasagne, Spiralen, Spaghetti und Trulli. Insgesamt gibt es in Italien über 300 verschiedene Pastaformen; und jede Form passt zu einer bestimmten Sauce. Pasta ist nicht gleich Pasta. Daher gerechtfertigt ist die Frage, zu welcher Sauce man welche Pasta verwendet. Als Faustregel gilt: Umso fester, schwerer oder stückiger die Sauce, umso breiter die Nudeln. Das widerspricht sich ein wenig dem bekannten Gericht “Spaghetti alla Bolognese“. Passender wäre der Regel nach “Lasagne alla Bolognese“. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel!

Wichtig ist auch dass die Pasta al dente gekocht ist. Sie braucht noch etwas Biss. Aber „al dente“ bedeutet für jeden etwas anderes. Neapolitaner zum Beispiel essen ihre Spaghetti oft mit so festem Biss, dass sie sich nicht drehen lassen und von der Gabel springen.

Diese Woche ist in Geroldchuchi folgendes im Angebot: Spaghettini aglio, olio e peperoncino, Tagliatelle bolognese oder diavolo, Pappardelle mit Zitronengrasrahmsauce und feinen Pouletstreifen und Tortelloni, gefüllt mit Kalbsfleisch oder Spinat-Ricotta. Die Preise reichen von Fr. 19.50 bis Fr. 25.00.

Es ist schon etwas merkwürdig. Meine Erinnerung an den Hive-Club sind düstere Räume und durchgesessene Sofas. Die Bässe hämmern so laut, dass die Wände dabei vibrieren. Erst im Morgengrauen bemerkt man die farbigen Fenster des Clubs. Die Wände triefen, und die Leute toben ab der guten Laune.

Heute, älter und auch etwas ruhiger geworden, sitze ich in der „Geroldchuchi“ im oberen Floor des Hive-Clubs und freue mich auf meine Vorspeise, den Caprese-Salat mit Büffelmozzarella. Es läuft zwar Musik, jedoch dezent im Hintergrund. Mein Begleiter Patric und ich wippen leicht zum Song „Voyage Voyage“ von Desireless. Und daraus ergibt sich schon das nächste Thema: Musik, Partys und die Nächte, die zum Tage gemacht worden sind. Wir reden über die Nächte im Hive-Club, wässrig schmeckendes Amber-Bier und langes Treppenlaufen. In einer Partynacht ist man ständig in Bewegung. Jedes Fitnesscenter kann da einpacken.

Koch Domenico persönlich schaut nach dem Rechten. Wir reden über Pasta. Worüber denn sonst? Er ist ein Mann, der sein Handwerk beherrscht. Wir probieren diverse Pasta mit Sugo, zu guter Letzt die Tortellini. Wir sind schon lange satt, degustieren aber auch noch diesen letzten Teller. Ein wahrer Gaumenschmaus! Der Teig ist hauchdünn und die Füllung mit Spinat und Ricotta originell und überraschend. Die Nussbutter und Salbeisauce dazu ist leicht und doch vollkommen im Geschmack. Gerade richtig. Und das Dessert? Bevor wir uns nach der Auswahl der Desserts erkundigen, fragen wir nach deren Grössen. Trotz Völlerei wage ich mich an ein Tiramisù. In einem kleinen Gläschen wird’s serviert, das Maximum, das noch reinpasst. Ich erinnere mich an die berühmte Szene mit dem Minz Blatt aus Monty Pythons Film „Der Sinn des Lebens“ (Klicken auf eigene Gefahr!) – ein Letztes geht noch, danach ist aber Schluss.

Wir gehen glücklich Richtung Treppe, wo sich der Ausgang befindet. Dabei greifen wir nach einem herumliegenden Flyer. Das Line-up darauf sagt mir nicht viel. Trotzdem, die Lust nach der Dunkelheit ist geweckt. Vielleicht werden wir dann doch einmal wieder den Club aufsuchen, wenn der Raum des „Hive“ von Dunkelheit umgeben ist und der Bass aufgedreht wird, bis die Wände dem Druck nicht mehr standhalten. Vielleicht…