Tibet – Auf dem Dach der Welt

Wer Tibet bereist hat, den lässt das Land nicht mehr los. Wenn einen dann in Zürich das Fernweh befällt, lässt sich die Sehnsucht im Restaurant ‹Tibetasia› mit Momos lindern.

Das Hochland von Tibet, das ‚Dach der Welt‘, gilt als höchstgelegene Region der Erde. Auf einer Reise durch das Land hatte ich die Gelegenheit, die schöne Landschaft und die noch schöneren Menschen kennenzulernen.

Und ebenso die Küche Tibets. Das Essen widerspiegelt sehr viel vom Land, finde ich. Es ist einfach gehalten, aber durchaus schmackhaft. Die Spezialität des Landes sind Momos.

Momo bedeutet eigentlich Brot. Doch haben die Momos mit dem, was wir unter Brot verstehen, nur wenig gemein. Es handelt sich vielmehr um kleine, hauchdünne Teigtaschen, die traditionell mit Yakfleisch gefüllt sind und entweder gegart oder frittiert werden. Sie unterscheiden sich zum einen in ihrer Form und zum anderen in ihren Füllungen. In der Regel sind Momos mit Fleisch gefüllt, heute findet man jedoch in Tibet auch vegetarisch gefüllte Momos. Sie gehören zum tibetischen Mittagessen, bei dem man sie zusammen mit anderen Gemüse- und Fleischgerichten serviert. Dazu gibt es Reis oder Tsampa, einen dicken Gerstenbrei, der mit der Hand von den Tischgästen zu Kugeln geformt und dann gegessen wird.

Wenn mir Zürich zu eng wird und mich das Fernweh packt, dann zieht es mich ins nahe meiner Wohnung gelegene Restaurant Tibetasia in Zürich. Man betritt das Lokal, und als Erstes sieht man das Lächeln des Geschäftsführers, das einen willkommen heisst. Es ist genau dieses Lächeln, das die Leute in Tibet so reich erscheinen lässt. Und damit meine ich nicht den materiellen Reichtum.

Die Familie des 43-jährigen Tenzing Wangra stammt aus Ngangtri östlich von Lhasa. Sein Land hat er noch nie besuchen können. Vater und Grossvater waren Kämpfer und wiedersetzten sich dem mächtigen Nachbarsland China. Geboren und aufgewachsen ist Wangra als Flüchtling im indischen Mysor. Für seine Ausbildung zum Hotelfachangestellten reiste er als junger Mann in die Schweiz nach Engelberg.

Aus geschäftlichen Gründen blieb er in Zürich, arbeitete zuerst als Angestellter und später als Geschäftsleiter im Restaurant ‹Tibetasia›. Inzwischen ist er hier zu Hause mit seiner Frau und den zwei Kindern. Die Menükarte hat er selbst zusammengestellt, erzählt er stolz. Für mich wirkt sie etwas sonderbar, da neben den tibetischen diverse thailändische und indische Gerichte zur Auswahl stehen. Etwas gar Multikulti für meinen Geschmack.

Egal, mein Fokus liegt auf den feinen Momos. Die handgemachten Teigtaschen stehen sowohl als vegetarische Variante wie auch mit Bio-Fleisch zur Auswahl. Eine Besonderheit sind die mit verschiedenen Kräutern gewürzten Momos mit Yakfleisch. Die Preise für die Momogerichte liegen zwischen Fr. 19.90 und Fr. 32.00. 60 Kilo Fleisch liefert Adrian Regli alle zwei Monate an das Restaurant Tibetasia für die Momos. Er betreibt in Andermatt eine Zucht mit Yaks, den tibetischen Hochlandkühen.

Der Yak ist eine in Zentralasien verbreitete Rinderart. 

Tenzing Wangra und ich reden über die Esskultur in Tibet: Am besten geniesst man die hausgemachten Momos von Hand. Man beisst ein Ende ab und saugt die würzige Sauce heraus. Schlürfen ist erlaubt, gar erwünscht. Aber Achtung, die Sauce ist heiss! Um den Geschmack abzurunden, werden die Momos mit Tomaten-Chutney serviert.

Ich schweife gedanklich in die Ferne und geniesse das Essen. Gleichzeitig kreuzt sich mein Blick mit demjenigen des netten Geschäftsführers. Sein Lächeln ist ansteckend, und so lächle ich zurück.